In ihrer Entscheidung G 2/24 hat die Große Beschwerdekammer (GBK) des Europäischen Patentamts (EPA) die verfahrensrechtlichen Grenzen für die Intervention Dritter im Beschwerdeverfahren bestätigt. Die Entscheidung bekräftigt das in G 3/04 gesetzte Präzedenzurteil und stellt klar, dass ein Dritter, der im Beschwerdestadium interveniert, nicht den Status eines Beschwerdeführers erlangt und das Verfahren nicht fortführen kann, wenn alle ursprünglichen Beschwerdeführer ihre Beschwerden zurückziehen.
Hintergrund
Innerhalb von neun Monaten nach Erteilung eines europäischen Patents kann jede Person Einspruch beim EPA einlegen (Artikel 99 EPÜ). Wer dies tut, wird Partei im Einspruchsverfahren vor der Einspruchsabteilung.
Ergeht eine Entscheidung der Einspruchsabteilung, die eine Partei des Einspruchsverfahrens nachteilig betrifft (sei es der Einsprechende, der Patentinhaber oder beide), kann die betroffene Partei innerhalb von zwei Monaten Beschwerde einlegen. Sie wird dadurch „Beschwerdeführer“ und Partei im Beschwerdeverfahren vor der Beschwerdekammer (Artikel 107 EPÜ).
Während des Einspruchsverfahrens kann ein “mutmaßlicher Verletzer“ intervenieren. Ein solcher ist ein Dritter, gegen den das angefochtene Patent geltend gemacht wurde oder der ein Verfahren zur Feststellung der Nichtverletzung eingeleitet hat. Intervenienten im Einspruchsverfahren erhalten denselben Status wie ein regulärer Einsprechender und damit auch das Recht, gegen eine nachteilige Entscheidung der Einspruchsabteilung Beschwerde einzulegen (Artikel 105 EPÜ).
Tritt ein mutmaßlicher Verletzer erst nach Abschluss des Einspruchsverfahrens auf, so hielten frühere Entscheidungen G 1/94 und G 3/04 der GBK fest, dass er im anschließenden Beschwerdeverfahren intervenieren darf. Er erhält jedoch nicht den Status eines Beschwerdeführers, da er nicht Partei im Einspruchsverfahren war. Stattdessen wird er “gesetzliche Partei im Beschwerdeverfahren“ gemäß Artikel 107 EPÜ. Ziehen alle Beschwerdeführer ihre Beschwerden zurück, endet das Verfahren, unabhängig davon, ob gesetzliche Parteien verbleiben.
Die vorlegende Beschwerdekammer in T 1286/23 stellte dieses Präzedenzurteil infrage und argumentierte, dass die Logik von G 3/04 nicht überzeugend sei und möglicherweise im Widerspruch zum rechtlichen Rahmen des EPÜ stehe. Sie fragte, ob ein Intervenient den Status eines Beschwerdeführers erlangen und das Verfahren eigenständig fortführen könne.
Die Entscheidung
Die GBK entschied:
- Intervenienten im Beschwerdestadium sind Teilnehmer an einem von beschwerten Parteien eingeleiteten Verfahren.
- Sie erlangen keinen Beschwerdeführerstatus gemäß Artikel 107 EPÜ.
- Ziehen alle Beschwerdeführer ihre Beschwerden zurück, muss das Verfahren beendet werden – auch wenn ein Intervenient verbleibt.
Die Entscheidung bestätigt die Schlussfolgerungen aus G 3/04 und weist die Argumente der vorlegenden Kammer zurück. Die GBK stellte fest, dass sich Artikel 99, 105 und 107 EPÜ seit G 3/04 nicht wesentlich geändert haben und daher keine neue Auslegung rechtfertigen. Artikel 107 EPÜ gewährt zwar Teilnahmerechte für gesetzliche Parteien, verleiht aber keinen Beschwerdeführerstatus.
Die GBK führte zudem eine vergleichende Analyse der Interventionspraxis in den EPÜ-Mitgliedstaaten durch, wobei keine Abweichung von G 3/04 gestützt wurde. Schließlich warnte die GBK vor Vorlagefragen, die allein auf Meinungsverschiedenheiten mit früheren Entscheidungen beruhen, und betonte die Bedeutung rechtlicher Konsistenz und gesetzgeberischer Absicht gemäß Artikel 112 EPÜ.
Fazit
G 2/24 bringt kaum Änderungen, sondern bestätigt lediglich frühere Entscheidungen der GBK. Es besteht nun Klarheit darüber, dass Dritte zwar in laufende Beschwerdeverfahren intervenieren und Teilnahmerechte erwerben können, ihre Rechte jedoch geringer sind als die der ursprünglichen Beschwerdeführer. Das Beschwerdeverfahren wird durch die Beschwerdeführer getragen. Ziehen diese sich zurück, endet das Verfahren – die Anwesenheit gesetzlicher Parteien hat darauf keinen Einfluss.
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Phil Horler Fachgruppe für Elektronik, Informatik & Physik
Diese Veröffentlichung stellt eine allgemeine Zusammenfassung der Rechtslage dar. Sie ersetzt keine rechtliche Beratung, die auf Ihre individuellen Umstände zugeschnitten ist.
© Withers & Rogers LLP Oktober 2025